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Bürgschaftsrecht
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Aufgaben:
1.) Was versteht man unter einem Mitbürgen?
2.) In welchen Fällen geht die schuldrechtliche Hauptforderung auf den den Gläubiger befriedigenden Sicherungsgeber über?
3.) Welche Rechtsfolgen sind an den Forderungsübergang geknüpft?
4.) Nach welchen Grundsätzen regelt sich das Verhältnis zwischen Bürgen und dinglichen Sicherungsgebern?
Lösungen:
1.) Gemäß § 769 BGB sind diejenigen Mitbürgen, die sich für dieselbe Verbindlichkeit verbürgen. Voraussetzung ist lediglich die Identität der Hauptforderung des Gläubigers; § 769 BGB a.E. Auch die Übernahme unabhängig und ohne Wissen voneinander verbindet die Bürgen zur Haftungsgemeinschaft (Palandt-Thomas, 55. Aufl. 1996, § 796 Rz.1). § 769 BGB sieht den Ausgleich gemäß § 426 BGB vor, indem er die Haftung als Gesamtschuldner begründet, und korrespondiert damit mit § 774 II BGB.
2.) In den Fällen der §§ 1143 I; 1225, 774 BGB. (Beachte die Sondervorschrift der §§ 1143 II, 1173 BGB für den Fall der Befriedigung des Gläubigers durch den Eigentümer eines mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücks.) - Merke: § 1143 BGB ist nicht gemäß §§ 1191, 1192 BGB auf die Grundschuld anwendbar, weil es sich bei der Grundschuld um eine nicht-akzessorische Sicherheit handelt.
3.) An die cessio legis der Hauptforderung auf den den Gläubiger befriedigenden Sicherungsgeber ist gemäß §§ 412, 401 I BGB der Übergang aller akzessorischen Sicherungsrechte auf diesen verbunden. Die Vorschrift ist dispositiv (BGHZ 115, 181). Beachte: Eine Grundschuld als nicht-akzessorisches Sicherungsrecht kann nicht gemäß §§ 412, 401 I BGB übergehen.
4.) Das Verhältnis von dinglichem und persönlichen Sicherungsgebern ist gesetzlich nicht geregelt. Über die Unangemessenheit der Anwendung des Prioritätsgrundsatzes herrscht allgemeine Übereinstimmung. Wie das Verhältnis zu bestimmen ist, ist umstritten:
· z.T. wird die Auffassung vertreten, bei Doppelsicherung durch Bürgschaft und Pfandrecht gebe es keinen Rückgriff des zuerst in Anspruch Genommenen. Jeder Sicherungsgeber übernehme die volle Haftung und müsse für diese vertragliche Verpflichtung vollumfänglich einstehen (Becker, NJW 1971, S. 2151, 2154).
Darin liegt jedoch lediglich eine Umkehrung des Prioritätsgrundsatzes, das die Verteilung des Insolvenzrisikos des Hauptschuldners in das Belieben des Gläubigers stellt. Aus diesem Grunde ist diese Ansicht abzulehnen.
· Nach a.A. besteht eine Privilegierung des Bürgen. Das Gesetz weise dem Bürgen durch §§ 776, 768, 771 BGB eine Vorrangstellung zu, aus der sich ein einseitiges Rückgriffsrecht nur des Bürgen ergebe (z.B. Larenz II, 12. Aufl. § 64 III, S.481).
Diese Auffassung begegnet folgenden Schwierigkeiten: Die Vorrangstellung des Bürgen ist zwar Leitbild des Gesetzgebers, aber nicht zwingend. So kann § 776 BGB wirksam abbedungen werden. Auch auf die Einrede der Vorausklage kann der Bürge jederzeit verzichten, § 773 I BGB. Gleiches gilt für die Rechte aus § 768 I BGB. Wenn die Geltendmachung für den Bürgen optional ist, kann er auch wirksam auf die Ausübung der Rechte verzichten. In gleichem Maße ist die vertragliche Begründung einer Vorrangstellung des dinglichen Sicherungsgebers durch die Beteiligten möglich. Aus dem Grundsatz der Privatautonomie folgt, dass der Bürge aus der unbeschränkten Vermögenshaftung keine Privilegierung gegenüber dem auf einen Gegenstand beschränkt haftenden dinglichen Sicherungsgeber ableiten kann (BGH NJW 1992, S. 3228, 3229).
· Nach Auffassung des BGH ist auf das Verhältnis von Bürge und Hypothekenbesteller § 426 I BGB analog anzuwenden. BGH NJW 1989, 3530, 3231: „Hier gebietet es der Grundsatz der Gerechtigkeit,... den hinter § 426 I BGB stehenden allgemeinen Rechtsgedanken einer anteiligen Haftung anzuwenden. Ohne besondere Vereinbarung unter Sicherungsgebern, die... unabhängig voneinander und gleichrangig dasselbe Risiko abdecken, entspricht allein die anteilige Haftung der Billigkeit (§ 242 BGB).“
Der Ansicht des BGH ist zuzustimmen. Sie vermeidet mit dem Gerechtigkeitsgedanken unvereinbare Ergebnisse. Außerdem zeigen die Vorschriften der §§ 774, 1143, 1225 BGB, dass das Gesetz von Ausgleichsansprüchen zwischen Mitsicherern ausgeht.
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