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Feststellungsinteresse
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Aufgaben:
1.) § 256 I ZPO setzt ein "rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung" voraus. Erläutern Sie dies!
2.) Entfällt das Feststellungsinteresse für eine positive Feststellungsklage stets, wenn der Kläger sogleich Klage auf Leistung erheben kann?
3.) Wann entfällt das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage? Welche Ausnahme wird gemacht?
4.) Der BGH behandelt das Feststellungsinteresse in ständiger Rechtsprechung als Zulässigkeitsvoraussetzung eigener Art. Was bedeutet dies?
5.) Welche Anforderungen sind an die Begründetheit im Rahmen eines Verkehrsunfallprozesses zu stellen?
Lösungen:
1.) § 256 I ZPO umschreibt das sog. Feststellungsinteresse, das eine besondere Voraussetzung der Feststellungsklage ist.
Es handelt sich dabei um eine besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses.
Das Feststellungsinteresse liegt vor, wenn dem Recht oder der rechtlichen Lage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Feststellungsurteil geeignet ist, die Unsicherheit und Gefährdung zu beseitigen.
Das Urteil ist hierzu geeignet, wenn es zur Klärung des Rechtsstreits beiträgt.
"Alsbald" i.S.d. § 256 I ZPO bedeutet, dass das Bedürfnis für eine gerichtliche Feststellung wenigstens in nicht ferner Zukunft bestehen muss.
2.) Ein solch allgemeiner Grundsatz lässt sich nicht aufstellen:
Das Feststellungsinteresse fehlt dem Kläger in der Regel, wenn er direkt Klage auf Leistung erheben kann.
In diesem Fall ist die Leistungsklage der einfachere und schnellere Weg zur Erreichung des klägerischen Ziels:
Die bloße Feststellung, dass z.B. ein Zahlungsanspruch besteht, nützt dem Kläger nichts, weil er aus dem Feststellungsurteil nicht vollstrecken kann.
Er müsste dann erst noch zusätzlich eine Leistungsklage erheben. Dieses Vorgehen widerspricht dem Grundsatz der Prozessökonomie. Der Kläger muss sogleich Leistungsklage erheben.
In bestimmten Ausnahmefällen ist die Feststellungsklage trotz der Möglichkeit einer Klage auf Leistung zulässig:
- der Kläger bedarf keines Vollstreckungstitels, weil zu erwarten ist, dass der Beklagte seiner Leistungspflicht allein aufgrund des Feststellungsurteils nachkommen wird.
- aus Gründen der Prozessökonomie, d.h. wenn bereits die Feststellungsklage zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung des Rechtsstreits führt.
3.) Das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage entfällt grundsätzlich, wenn der Beklagte wegen desselben Streitgegenstandes Leistungsklage erhebt.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beklagte die von ihm erhobene Leistungsklage nach mündlicher Verhandlung gemäß § 269 I ZPO nicht mehr einseitig zurücknehmen kann.
Aus prozessökonomischen Gründen ist es in diesen Fällen sinnvoller, allein über die Leistungsklage zu entscheiden, weil hier der Grund des Anspruches ohnehin überprüft wird.
Durch diese Vorgehensweise wird der Gefahr zweier gegensätzlicher Urteile über denselben Streitgegenstand begegnet.
Der Kläger muss in diesen Fällen seine Feststellungsklage in der Hauptsache für erledigt erklären.
Eine Ausnahme hiervon wird dann gemacht, wenn die vom Beklagten erhobene Leistungsklage noch nicht entscheidungsreif ist.
In diesem Fall ist es prozessökonomisch sinnvoller, zuerst über den Feststellungsantrag des Klägers zu entscheiden: Hat der Antrag Erfolg, steht die Unbegründetheit der Leistungsklage fest.
4.) Auf das Vorliegen des Feststellungsinteresses kommt es nur dann an, wenn die Klage überhaupt begründet ist.
Das Feststellungsinteresse ist Zulässigkeitsvoraussetzung nur für die begründete Klage.
Steht die Unbegründetheit der Klage von vornherein fest, kann das Feststellungsinteresse fehlen oder sein Vorliegen letztlich offen bleiben.
5.) Soll im Rahmen eines Verkehrsunfallprozesses die Ersatzpflicht für Zukunftsschäden festgestellt werden, lässt sich der genaue Schadensverlauf und damit die genaue Schadenshöhe noch nicht absehen.
Ein Nachweis diesbezüglich ist dem Kläger unmöglich. Die Rechtsprechung lässt es daher für die Begründetheit genügen, wenn für den Eintritt auch des zukünftigen Schadens eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht.
Das Gericht darf die Klage nur dann als unbegründet abweisen, wenn es davon überzeugt ist, dass kein Schaden entstanden ist und auch nicht entstehen wird oder sein Eintritt ganz unwahrscheinlich ist.
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