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Vorläufige Vollstreckbarkeit
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Aufgaben:
1.) Welche Bedeutung hat die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils für die Parteien?
2.) Nach welchen Vorschriften richtet sie sich? Warum bezeichnet man die Vollstreckbarkeit des Urteils nur als "vorläufig"?
3.) Welche "Formen" der vorläufigen Vollstreckbarkeit lassen sich unterscheiden? Welches ist der Grundfall?
4.) Wozu dient die Sicherheitsleistung und wie wird ihre Höhe berechnet?
5.) Wie wird die Sicherheitsleistung grundsätzlich bewirkt? Ist das Gericht in seiner Entscheidung frei, welche Form der Sicherheitsleistung es anordnet?
6.) Erläutern Sie kurz den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 708 Nr. 11 ZPO!
7.) Was müssen Sie in den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 ZPO stets beachten?
Lösungen:
1.) § 704 I ZPO regelt, dass die Zwangsvollstreckung nur aus Endurteilen stattfindet, "die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind."
Erst wenn ein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde, kann es Grundlage einer Zwangsvollstreckung sein. Ein vorheriger Antrag der obsiegenden Partei beim Gerichtsvollzieher oder einem anderen zuständigen Vollstreckungsorgan ist unzulässig.
2.) Die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils richtet sich nach den §§ 704 ff. ZPO.
Die Vollstreckbarkeit wird als nur vorläufig bezeichnet, weil die aus dem Urteil betriebene Zwangsvollstreckung lediglich vorläufig ist, d.h. das Behaltendürfen dessen, was aufgrund der Zwangsvollstreckung erlangt wurde, steht unter der Bedingung, dass das Urteil, welches in der Zwangsvollstreckung als Titel dient, auf ein Rechtsmittel der unterlegenen Partei hin nicht aufgehoben oder abgeändert wird.
Ist dies der Fall, ist die Zwangsvollstreckung hinfällig; das aus ihr Erlangte muss wieder an den Vollstreckungsschuldner herausgegeben werden.
3.) Ein Urteil kann mit oder ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Gemäß 709 ZPO wird ein Urteil grundsätzlich nur gegen eine entsprechende Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Die vorläufige Vollstreckbarkeit mit Sicherheitsleistung ist daher der Regelfall.
4.) Die Sicherheitsleistung dient dem Schutz des Vollstreckungsschuldners, d.h. der im Rechtsstreit unterlegenen Partei, gegen die jetzt die Zwangsvollstreckung betrieben wird.
Der Vollstreckungsschuldner soll für den Fall, dass das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil nachträglich keinen Bestand mehr hat, vor einem Schaden bewahrt werden, weil der Vollstreckungsgläubiger z.B. mittellos ist und daher das aus der Zwangsvollstreckung Erlangte nicht mehr zurückgeben kann (vgl. § 717 II S. 1 ZPO).
Die Höhe der Sicherheitsleistung berechnet sich wie folgt:
Grundsätzlich wird sie vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 108 I ZPO) bestimmt.
Bei der Ausübung des Ermessens ist aber der Zweck der Sicherheitsleistung (= Schutz des Vollstreckungsschuldners) zu beachten.
Daher hat sich die Höhe der Sicherheitsleistung an der Höhe eines etwaigen Schadensersatzanspruch nach § 717 II ZPO zu orientieren:
In die Sicherheitsleistung werden folgende Kostenpunkte eingerechnet:
- im Falle des Obsiegens des Klägers: der Wert der vollstreckbaren Hauptforderung nebst Zinsen und die erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits
- im Falle des Obsiegens des Beklagten: die erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits.
Zu dem so errechneten Gesamtbetrag gibt man noch eine Sicherheitszuschlag hinzu; hierzu rundet man großzügig auf (etwa von 10.280,- € auf 10.500,- €). Die Höhe des Sicherheitszuschlages steht aber im Ermessen des Gerichts.
5.) Der Regelfall der Sicherheitsleistung ist die Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren gemäß § 234 I, III BGB.
Das Gericht bestimmt die Art der Sicherheitsleistung jedoch nach freiem Ermessen (§ 108 I ZPO).
Eine andere Form als die Hinterlegung wird es jedoch nur anordnen, wenn diese genauso gut geeignet ist, den Schutz des Vollstreckungsschuldners zu gewährleisten.
Dies trifft zu für die selbstschuldnerische oder die unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse.
6.) § 708 ZPO regelt die Fälle der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urteils ohne Sicherheitsleistung. Für die Praxis insbesondere von Bedeutung ist die Regelung des § 708 Nr. 11 ZPO.
§ 708 Nr. 11 ZPO gilt für vermögensrechtliche Streitigkeiten, d.h. solche, bei denen der klägerische Anspruch auf Geld oder geldwerte Gegenstände gerichtet ist.
Weitere Voraussetzung ist, dass eine bestimmte Wertgrenze nicht überschritten wird:
Obsiegt der Kläger und gibt es daher in der Hauptsache etwas zu vollstrecken (nämlich den geltend gemachten Anspruch), darf die Höhe der vollstreckbaren Hauptforderung 1.250,- € nicht übersteigen.
Bei der Berechnung der Wertgrenze ist allein die Hauptforderung maßgebend; gemäß § 4 ZPO kommt auf Zinsen, die Kosten des Rechtsstreits und andere Nebenforderungen nicht an.
Obsiegt der Kläger dagegen bei einer Feststellungs- oder Gestaltungsklage, gibt es in der Hauptsache nichts zu vollstrecken. Vollstreckbar ist allein die Entscheidung über die Kosten, d.h. in diesem Fall die Entscheidung, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Die Höhe des Kostenerstattungsanspruches darf im Anwendungsbereich des § 708 Nr. 11 ZPO 1.500,- € nicht übersteigen.
Gleiches gilt, wenn der Beklagte obsiegt, weil die Klage abgewiesen wird. In diesem Fall hat er einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger, den er auch vollstrecken kann.
7.) In den Fällen der §§ 708 Nr. 4 bis Nr. 11 ZPO ist stets die Abwendungsbefugnis des § 711 zu beachten.
Diese sollte entsprechend dem Wortlaut des § 711 ZPO formuliert werden.
§ 711 ZPO dient ebenfalls dem Schutz des Vollstreckungsschuldners: Er soll die Möglichkeit haben, einen aus der Zwangsvollstreckung drohenden Schaden abzuwenden.
Andererseits soll dem Vollstreckungsgläubiger die Möglichkeit der Vollstreckung vor Rechtskraft des Urteils nicht genommen werden:
Gewährleistet er den Schutz des Vollstreckungsschuldners, indem er die entsprechende Sicherheitsleistung selbst erbringt, kann er die Vollstreckungsmöglichkeit wieder herstellen.
Eine Ausnahme zu § 711 ZPO beinhaltet § 713 ZPO.
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