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Ersetzbarkeit von Schockschäden



Aufgaben:

1.) Wann sind sogenannte Schockschäden ersetzbar?

2.) Ist der nasciturus taugliches Eingriffsobjekt im Sinne der §§ 823 I BGB, 7 I StVG?

3.) Sind die §§ 223 ff. StGB, 230 StGB auf vorgeburtliche Schädigungen anwendbar?



Lösungen:

1.) Grundsatz
Grundsätzlich ist ein Schockschaden, den jemand durch den Tod oder die Verletzung eines anderen erleidet, dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen (vgl. hierzu auch BGH NJW 1989, 598).
Ausnahme. Ausnahmsweise lässt sich eine Gesundheitsverletzung bejahen, wenn die Verletzung nach Art und Schwere deutlich über das hinausgeht, was Nahestehende als mittelbar Betroffene in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erleiden (BGHZ 56,163).

2.) Eine Gesundheitsverletzung des Kindes ist zweifelhaft, weil das Kind bereits als nasciturus verletzt worden ist, während § 7 StVG (ebenso §§ 823 ff BGB) die Verletzung eines „Menschen“ voraussetzen. Der BGH sieht jedoch im nasciturus ein geeignetes Eingriffsobjekt i.S.d. § 7 StVG (§§ 823 ff BGB). Dabei stellt er nicht auf den Schaden ab, der den nasciturus getroffen hat, sondern auf den Schaden, der den lebend geborenen Menschen trifft.
Grund:
Die Leibesfrucht ist dazu bestimmt, als Mensch ins Leben zu treten. Sie und das Kind sind identische Wesen, eine naturgegebene Tatsache, der das Haftungsrecht Rechnung tragen muss (BGH NJW 1972, 1126).

3.) Zweifelhaft ist, inwieweit durch die §§ 223 ff. StGB auch pränatale Handlungen erfasst werden; d.h. solche, die schon während der Schwangerschaft und somit vor Erlangung der Menschqualität begangen wurden, deren körperliche Auswirkungen aber erst nach Geburtsbeginn eintreten oder fortwirken.
Früher herrschende Meinung. Die früher h.M. (LG Aachen JZ 1971, 507) bejahte dies, weil die Folgen jedenfalls einen Menschen treffen.
Heute herrschende Meinung. Nach heute h.M. sind Einwirkungen auf die Leibesfrucht oder vorwerfbare Unterlassungen eines Garanten, die sich erst nach der Geburt auswirken, innerhalb des StGB (§§ 212, 222, 223 ff, 230) nicht geschützt.
Grund: Fahrlässige Schädigungen sind schon nicht geschützt wegen der gesetzgeberischen Wertentscheidung zu § 218 StGB, der wegen der Beschränkung auf Vorsatztaten eine Sperrwirkung entfaltet (BGHSt 31, 352, 354; DreherTröndle vor § 211 Rdnr. 2). Aber auch bei Vorsatztaten ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Anwendbarkeit der §§ 212, 222, 223 ff, 230 StGB nicht der Eintritt des Erfolges, sondern der des Einwirkens (BGHSt 31, 332; Lüttger NStZ 1983, 483). Im Zeitpunkt des Einwirkens ist aber der nasciturus noch nicht Objekt eines Tötungs oder Körperverletzungsdeliktes.



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